Die „Fachregel für Abdichtungen – Flachdachrichtlinie“ ist das maßgebliche Dokument für Planung, Ausführung und Instandhaltung von Flachdächern in Deutschland. Die Fassung vom 1. Juli 2023 ersetzt die Fassung 2016 ff. und präzisiert zentrale Themen wie Gefälle, Entwässerung, Windsogsicherung und Pflege. Der folgende Leitfaden fasst die Kernpunkte praxisnah zusammen und zeigt, wie jede Anforderung sicher erfüllt wird.
Das Wichtigste in Kürze
- Gefälle: Mindestens 2 % in der Fläche, ausgenommen Kehlen und Rinnen. Gefälle ≤ 5 % erlaubt stehendes Wasser. Besondere Ausnahmen ohne Gefälle erfordern Zusatzmaßnahmen.
- Entwässerung: Jede Dachfläche braucht mindestens einen Haupt- und einen Notablauf. Planung nach „Merkblatt zur Bemessung von Entwässerungen“.
- Windsogsicherung: Sicherung durch Auflast, Verklebung oder mechanische Befestigung gemäß Abschnitt 2.9 und Anhang I.
- Pflege & Wartung: Jährliche Wartung, halbjährliche Inspektion, Dokumentationspflicht nach Kapitel 5.
Aufbau und Rechtsstellung der Richtlinie
Die Flachdachrichtlinie besitzt keinen Gesetzesrang, gilt jedoch als anerkannte Regel der Technik. Landesbauordnungen verweisen über die MVV TB verbindlich auf dieses Regelwerk. Abweichungen erfordern einen gleichwertigen Nachweis nach § 3 LBO (Gebrauchstauglichkeit) und § 14 LBO (Brandschutz).
Kapitelstruktur im Überblick
Kapitel | Inhalt |
---|---|
1 | Allgemeine Regeln, Begriffe, Konstruktionsarten |
2 | Gestaltungs- und Planungskriterien (Gefälle, Entwässerung, Windsog …) |
3 | Funktionsschichten (Dampfsperre, Dämmung, Abdichtung …) |
4 | Details (Anschlüsse, Bewegungsfugen, Brandschutz) |
5 | Pflege, Wartung, Instandsetzung |
Die Gliederung folgt einer klaren Logik: Zuerst Definitionen, dann Planung, anschließend Schichtenaufbau, Detailausbildung und schließlich Erhaltung.
Kapitel 1 – Allgemeine Regeln
1.1 Geltungsbereich
Die Richtlinie gilt für Abdichtungen
- nicht genutzter Dachflächen, auch extensiv begrünt,
- genutzter Flächen wie Terrassen, Solardächer, Balkone,
- erdüberschütteter Decken und befahrener Dachflächen aus Stahlbeton.
Sie gilt nicht für Unterdächer, erdberührte Wände (DIN 18533) oder befahrbare Verkehrsflächen nach DIN 18532.
1.2 Begriffe
Begriff | Definition kurz |
---|---|
Abdichtung | Wasserdichte Schicht im Dachaufbau. |
Dampfsperre | Schicht zur Begrenzung der Wasserdampfdiffusion. |
Genutzte Fläche | Dach, das Personenverkehr oder Technik aufnimmt. |
Auflast | Beschwerung gegen Windsog, z. B. Kies oder Platten. |
Gefällelose Fläche | Planmäßiges Gefälle < 2 %; Sonderregeln beachten. |
Nutzschicht | Belag oberhalb der Abdichtung, z. B. Betonplatten. |
Schutzschicht | Dauerhafter Schutz vor mechanischer oder thermischer Beanspruchung. |
1.3 Konstruktions- und Verlegearten
- Nicht belüftetes Dach: Abdichtung liegt direkt über der Dämmung. Varianten: verklebt, lose mit Auflast, mechanisch befestigt.
- Belüftetes Dach: Lüftungsebene trennt Abdichtung von Wärmedämmung.
- Umkehrdach: Dämmung oberhalb der Abdichtung, lose verlegt unter Auflast.
Kapitel 2 – Gestaltungs- und Planungskriterien
Gefälle und Dachneigung (Abschnitt 2.2)
Unterlagen benötigen ein Mindestgefälle von 2 %. Planer dürfen nur ausnahmsweise gefällelose Flächen ansetzen, z.B. bei intensiver Begrünung oder Retentionsdächern, und müssen dann die Sondervorgaben der Abschnitte 2.7.4 (Stahltrapez) und 3.6.3.2 (Abdichtungen) einhalten.
Entwässerung (Abschnitt 2.3)
Der Hauptablauf sitzt am Tiefpunkt, der Notablauf 5 cm höher. Innenliegende Entwässerung verlangt getrennte Leitungen pro durch Aufkantung abgetrennter Teilfläche. Druckströmende Systeme bedingen temporären Wasseranstau; ihre Abläufe müssen werksseitig einen Anschlussflansch für die Dampfsperre besitzen.
Details (Abschnitt 2.4)
Anschlusshöhen sichern Spritzwasser- und Überflutungsschutz. Durchdringungen benötigen 30 cm Abstand zueinander; bei Flüssigkunststoff genügen 10 cm. Bewegungsfugen werden in Typ I oder II unterteilt; Typ II deckt große Bewegungen ab und verlangt besondere Fugenbänder.
Nutzung der Flächen (Abschnitt 2.5)
Aggregate erfordern 50 cm lichten Abstand zum Belag. Nutzschichten dürfen nicht im Verbund mit der Abdichtung stehen (Ausnahme: Balkon-Flüssigkunststoff und befahrene Flächen).
Windsogsicherung (Abschnitt 2.9)
Planer wählen zwischen drei Sicherungsarten:
- Auflast: Kies 16/32, 5 cm Mindeststärke; Platten ≥ 400 × 400 × 40 mm; Vegetationssubstrat mit Trockengewichtsnachweis.
- Verklebung: Streifen- oder Vollverklebung nach Tabelle 1; Bemessungslast ≥ 0,4 kN pro Befestiger.
- Mechanische Befestigung: linien- oder punktweise; Mindestbemessungslast 0,5 kN nach Anhang I; Befestigungsabstand ≥ 20 cm.
Anhang I liefert Tabellenwerte für Gebäude bis 25 m Höhe und Dachneigung < 5°. Für größere Gebäude oder exponierte Lagen fordert die Richtlinie einen Einzelnachweis.
Kapitel 3 – Funktionsschichten
Dampfsperre (Abschnitt 3.3)
Die Sperre begrenzt Diffusion und darf vollflächig oder streifenweise verklebt werden. Bei Begrünungen empfiehlt die Richtlinie sd-Werte > 1500 m.
Wärmedämmung (Abschnitt 3.4)
Dämmstoffe müssen druckfest zur Aufnahme von Auflasten sein. EPS unter leichtem Oberflächenschutz benötigt zusätzliche Maßnahmen gegen horizontale Kräfte (Abschnitt 2.8).
Abdichtung (Abschnitt 3.6)
Bitumenbahnen: zweilagig bei genutzten Dachflächen.
Kunststoff-/Elastomerbahnen: lose verlegt mit Auflast oder mechanisch befestigt.
Flüssigkunststoffe: mind. 3 mm Trockenfilm in der Fläche, 4 mm an Anschlüssen.
Schutz- und Oberflächenschichten (Abschnitte 3.7 – 3.8)
Schutzlagen verhindern mechanische Beschädigungen. Oberflächenschutz verbessert UV-Beständigkeit; Kies gilt gleichzeitig als Windsogsicherung.
Kapitel 4 – Details
- Klemmkonstruktionen sichern Abdichtungen an aufgehenden Bauteilen.
- Anschlüsse an Türen und Fenster benötigen barrierefreie Schwellen mit vollflächiger Abdichtung.
- Dachrandabschlüsse müssen Brandweiterleitung verhindern; Profilhohlräume werden mit Mineralwolle geschlossen.
- Entwässerungsdetails (Abschnitt 4.8) schreiben DIN EN 1253-2-konforme Abläufe vor, Flanschaufnahme und Kiesfang inklusive.
Kapitel 5 – Pflege, Wartung, Instandsetzung
Inspektion
Die Richtlinie fordert halbjährliche Inspektionen durch Fachkundige. Das Protokoll dokumentiert alle Schäden und empfiehlt Maßnahmen.
Wartung
Mindestens einmal jährlich: Abläufe reinigen, Kiesverwehungen ausgleichen, Pflanzenbewuchs entfernen. Art und Umfang regelt ein Wartungsvertrag.
Instandsetzung
Bitumenbahnen: Blasen öffnen, trocknen, neu abdichten. Kunststoffbahnen: beschädigte Felder entfernen, neue Bahn schweißen. Flüssigkunststoff: systemgerecht überarbeiten.
Praktische Umsetzung – vom Konzept zur Ausführung
Konstruktionsarten
Typ | Abdichtung | Verlegeart |
---|---|---|
Nicht belüftet, Gefälle | Bitumenbahnen | Vollverklebung |
Nicht belüftet, Gefälle | Kunststoff/Elastomer | Lose mit Auflast |
Mechanisch befestigt | Kunststoff/Elastomer | Punkt-/Linienbefestigung |
Umkehrdach | Kunststoff/Elastomer | Lose mit Auflast |
Belüftet | Bitumenbahnen | Vollverklebung |
Diese Beispiele stammen aus Abschnitt 1.3 und zeigen, wie vielfältig die Richtlinie Konstruktionsarten abbildet.
Checkliste zur Richtlinienkonformität
- Gefälleplan mit ≥ 2 % erstellen.
- Entwässerung mit Haupt- und Notabläufen dimensionieren.
- Abdichtungslagen und Sicherungsart gegen Windsog festlegen.
- Anschlusshöhen, Bewegungsfugen und Brandriegel planen.
- Wartungsvertrag abschließen, Inspektionsintervalle definieren.
Ihr nächster Schritt
Die L&R Dachbau GmbH setzt alle Vorgaben der Flachdachrichtlinie präzise um – von der Gefälledämmung bis zur Pressluftprüfung jeder Naht.
Wir haben über 35 Jahre Erfahrung im Dachdeckerhandwerk. Unsere Projekte setzen wir mit großer Genauigkeit um.
- Wir beraten Sie ausführlich und besichtigen Ihr Dach vor Ort.
- Sie erhalten ein klares Angebot, das alle notwendigen Arbeitsschritte auflistet.
- Unser Team arbeitet strukturiert, sauber und mit hoher fachlicher Kompetenz.
Die L&R Dachbau GmbH begleitet Sie von der Planung bis zur Fertigstellung. Kontaktieren Sie uns jetzt für eine unverbindliche Beratung.
Flachdachrichtlinie – Häufige Fragen und Antworten
Wie oft verlangt die Richtlinie eine Dachinspektion?
Halbjährlich, üblicherweise im Frühjahr und Herbst, um Witterungsschäden früh zu erkennen.
Gilt das Mindestgefälle von 2 % für begrünte Dächer?
Ja. Nur in begründeten Sonderfällen (intensive Begrünung, Retention) darf auf Gefälle verzichtet werden, wenn Zusatzmaßnahmen greifen.
Wie wird die Windsogsicherung bei Gebäuden > 25 m Höhe nachgewiesen?
Durch Einzelnachweis nach den „Hinweisen zur Lastenermittlung“; Tabellenwerte aus Anhang I reichen nicht aus.
Welche Abdichtungsart empfiehlt die Richtlinie für Dachterrassen?
Zweilagige Bitumenabdichtung oder Flüssigkunststoff mit mindestens 4 mm Schichtdicke an Anschlüssen, ergänzt durch Nutzschicht auf Stelzlagern.
Muss jede Dachfläche einen Notablauf erhalten?
Ja. Unabhängig von der Größe ist mindestens ein Notüber- oder Notablauf pro Fläche vorgeschrieben.
Ersetzt eine Kiesauflast die mechanische Befestigung in Eckbereichen?
Nur wenn das Trockengewicht die Windsogwerte nach Abschnitt 2.9.2 erreicht. Rand- und Eckzonen erfordern oft zusätzliche Befestigung.
Welche Unterlagen sind für die Wartung zu führen?
Inspektions- und Wartungsprotokolle mit Fotodokumentation, Materialchargen und Prüfberichte aller Naht- und Dichtigkeitsprüfungen.